Vampyria –
Der Hof der Finsternis | Victor Dixen | Blanvalet Verlat | ISBN 978-3499216008 | 560 Seiten
Historisch ist dieser Band eher weniger. Wenn wir von
Ludwig, den Unwandelbaren sprechen, dann ist damit Ludwig, der XIV gemeint. Er
hat sich 1715 dem Geheimritual unterzogen, welches ihn unsterblich machte. So
konnte er Vampyria erschaffen und Europa unter seine Herrschaft bringen. Es
sind fast dreihundert Jahre vergangen und es gibt auch eine neue Zeitrechnung.
Das Buch spielt im Jahr der Finsternis 299 (nach heutiger Rechnung wäre es
2015).
Es herrschen in dieser Welt mehrere Klassensysteme und
die einfachen Bürger sind gezwungen jeden Monat ein Zehntel ihres Blutes an
Magna Vampyria zu spenden. Ein wenig Blut erwartet uns als Leser auf jeden
Fall. Vor allem der Anfang fängt brutal an und man wird direkt in die
Geschichte geworfen.
Es gibt immer noch historische Züge in der Geschichte. Es
gibt Kutschen, Adelstitel, ausladende Barockkleider, Bälle, Debüts am Hof,
Zofen, Scheiterhaufen, die altertümliche medizinische Versorgung, aber auch ein
paar moderne Aspekte kommen vor, die dabei etwas surreal wirken, wie
Vegetarier, Jeans und Kaugummi.
Unsere Protagonistin Jeanne ist die Tochter einer
Apothekerfamilie, die es geschafft hat durch eine Lüge zu überleben und auf den
Weg zu Versailles ist. Sie hat dabei die Identität einer jungen Adeligen
angenommen. Sie ist in Begleitung von Alexandre de Mortange, der sie mitnimmt
und als Mündel des Königs in den großen Marstall, die Schule des Königs der
Finsternis, bringt. Dort soll sie mit anderen adeligen Söhnen und Töchtern des
Adelsstandes die höfischen Regeln lernen, um sich auch für den Schluck des
Königs zu bewerben, der nicht nur einen kleinen Teil Unsterblichkeit
verspricht, sondern auch die Gunst des Königs.
Sie schmiedet Rachepläne, lügt und betrügt bei den
Prüfungen, verletzt dabei ihre Verbündeten und hat auf ihrem Weg mehr Glück als
Verstand.
Immer wieder gerät sie durch ihre unbedachten Aktionen
und Handlungen in Gefahr und wird immer nur mit Glück aus den Situationen
gerettet.
Jeanne ist keine Protagonistin, die versucht durch
Ehrlichkeit und Empathie zu überzeugen. Sie ist sehr egoistisch und blind vor
Trauer und Rache, weshalb sie keine Rücksicht auf andere nimmt. Das macht sie
zu einem besonderen Charakter, den man nicht oft erlebt und was dem ganzen viel
Spannung gibt.
Der Beginn des Buches war sehr aufreibend und las sich
sehr schnell. Dann wurde es nach knapp 150 bis 200 Seiten recht zäh, so dass
ich kurz davor war abzurechen. Jeanne ist mir zu dem Zeitpunkt sehr auf die
Nerven gegangen und ich hatte das Gefühl, dass Probleme geschaffen wurden, die
auch hätte vermeidbar sein können und nur um immer wieder Drama zu erzeugen.
Auch einige spätere Stellen wirkten auf mich erstmal
unnötig, nur um einen Nebenhandlungsplatz mit Spannung zu füllen, wie das
Geheimnis von Poppy und Naoko. Ich hoffe nur, dass vor allem Naokos Geheimnis
in den späteren Bänden noch mehr Bedeutung zufällt, andernfalls wäre das eine unnötige
Handlung gewesen.
Die Grundatmosphäre des Buches ist düster und alles
andere als romantisch oder kitschig. Jeanne spürt immer wieder Gefahren im
Nacken und die Intrigen innerhalb der Schule sind auch nicht zu unterschätzen.
Victor Dixens Vampire sind brutale und finstere Kreaturen, die keine Gnade gegenüber den Menschen kennen. Die Prüfungen machen es umso deutlicher, wie grausam sie sind und sich an dem Leid anderer ergötzen. Eines der Menüpunkte fand ich auch sehr grausam.
„Süßer Likör der Nonnen von Brive. Spezialität der Nonnen aus dem Hospiz von Brive-öa-Gaillarde, von Diabetikern, die mit Zuckerwerk gemästet worden sind“ (Seite 365)
Auch bei den Vorbereitungen zu den Prüfungen, wie die
Gigue mit den Vampirgeigen war nicht ohne.
Wenn man über die zäheren Stellen weiterliest, nimmt das Buch sehr gut Fahrt auf und ich konnte es gegen Ende kaum noch aus der Hand legen.
Die eingebaute Liebesgeschichte kam für mich plötzlich
und etwas unrealistisch herüber. Dennoch hat mich die Geschichte jetzt
endgültig für sich gewonnen und ich bin froh, dass ich nicht abgebrochen habe.
Innerhalb des Buches finden wir am Anfang einmal eine Karte von Magna Vampyria und dann eine Ordnung der Sterblichen sowie einen Codex und eine Hierarchieauflistung. Der Autor hat sich bei der Struktur der Welt viele Gedanken gemacht.
Die Geschichte hielt einige Wendungen bereit und war auch
nicht vorhersehbar. Das Buch hat kleine Schwächen, gleicht sie aber im späteren
Verlauf durchaus aus.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen