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Sonntag, 30. März 2025

Erfolgsdruck in Social Media



Erfolgsdruck in Social Media.
Wo fange ich bei dem Thema an?

Also erstmal kurz der Disclaimer, dass das ein altes Thema aus dem Blogger_innensonntag von Christins Wunderkiste ist und ich greife es einfach wieder auf.


Aktuell ist die Leipziger Buchmesse und überall wo man hinsieht, sieht man Messecontent und ich fühle es so. Ich fühle es so, dass man den Drang verspürt zu zeigen, was man erlebt, wen man getroffen und gesehen hat.
Ich spreche mich nicht frei, dass ich auch gerne Fotos und Videos mache und als ich im Cosplay Bereich fotografiert habe, waren Conventions und Messen purer Stress. Denn da war immer der Druck alles sehen zu wollen und zu müssen.
Freunde, die man länger nicht gesehen hat.
Gute Kostüme, die einem nicht entgehen dürfen und die das Portfolio erweitern und aus denen sich neue Kontakte ergeben können.
Immer in Aktion, immer mit halben Blick auf Motive, Fotoplätze und Personen, um niemanden zu verpassen oder auf die Füße zu treten, weil man jemanden übersehen und dann nicht gegrüßt hat.

Messen und Cons sind pure Reizüberflutung und da vergisst man schnell mal für Social Media ein Foto zu machen oder ein Video zu drehen.
Man möchte alles richtig machen, den Ehrgeiz befriedigen und im Strom mitschwimmen, der zeigt: Hei, ich war hier! Ich war ein Teil von x-tausend Besuchern, ich habe die Euphorie und Freude gespürt, ich habe geshoppt und Ausbeute gemacht…

Dabei ist es dann nicht immer leicht nicht in den Vergleichsstrudel zu geraten, dass andere mit gleichen Hashtags (z.B. #LBM #Buchmesse etc.) mehr Aufmerksamkeit bekommen. Was machen sie anders?
Sind die Fotos besser?
Haben sie mehr Leute gesehen?
Struggeln sie weniger mit Selfis?
Denken sie mehr an ihren Content?

Social Media ist nicht nur dazu gedacht Erlebnisse zu teilen und es ist auch kein neues Thema, dass es zu sehr vielen Vergleichen führt, man von Zahlen abhängig ist und dem Algorythmus. Für viele kann das ein schweres Thema sein und Selbstzweifel hervor bringen.
Der Strudel an Emotionen ist nicht zu unterschätzen und aus eigener Erfahrung weiß ich, dass eben nicht immer alles so schön ist, wie auf den Fotos.
Auf Messen zum Beispiel sind wir oft genervt von Warteschlangen, lächeln nicht immer und sind auch froh über Pausen.

Es gibt tausende von Blogger auf Instagram und Tiktok, die sehr unterschiedlich sind und wo man denkt: So möchte ich auch sein. Ich möchte auch die vielen Kommentare, die Likes und Follower.
Ich möchte auch gerne die Community, die hinter mir steht.

Also bereits mit dem Start eines Blogs beginnt der Druck. Denn du sollst da schon wissen, was du posten willst, wann du posten willst, idealerweise zig Bilder und Videos vorproduziert haben und wie du heißen willst. Du solltest ein Schema für deinen Feed haben (Farbe, Muster, Schreibstil) und vieles mehr.
Dazu nicht eingeschüchtert sein vor der Masse an anderen Bloggern, denn man möchte ja auch gesehen werden.

Doch gleichzeitig ist der Druck auch in uns.
Wir selbst schaffen ihn und lassen uns durch Bilder, Texte und Vergleiche reizen. Mehr lesen, mehr Bücher kaufen, mehr zeigen und mehr posten, mehr kreative Postings schaffen.
Jeder hat ein anderes Leben und kann dadurch mehr oder weniger schaffen. Lesen ist kein Wettbewerb und manche Lesen schneller, andere langsamer.
Andere sind kritischer mit ihrem Buchkauf oder können sich nur 2 oder 3 Bücher leisten, weil sie dafür noch andere teure Hobbys haben, Haustiere, Kinder oder andere Sachen, die Geld fressen.

Menschen folgen einem auf Social Media, weil sie die Arbeit mögen, weil sie inspiriert werden und vielleicht auch den Menschen sympathisch finden.

Beim Lesen möchte ich selbst keine Erwartungen erfüllen an jemand anderes. Weder bei den Fotos, noch bei der Anzahl der Bücher, die ich lese oder wie viel ich kaufe.
Ich habe meine Leseziele für mich selbst und atme inzwischen auch tief durch, wenn ich merke, ich setze mich unter Druck.
Dann poste ich mal nicht. Dann ist die Rezi nicht geschrieben.
Okay. Es ist am Ende mein Hobby, nicht mein Lebensunterhalt.
Wenn ich Erwartungen erfüllen muss, dann bei den Hörproben. Dort habe ich immer noch ganz viel Angst, dass es den anderen nicht gefällt, die Betonung falsch ist oder oder oder….

Es gibt kein Rezept, was den Erfolgsdruck nimmt für immer.
Denn er wird immer da sein. Ohne Ehrgeiz haben wir keine Ziele und arbeiten auch nicht an uns selbst, hinterfragen und reflektieren und wollen es besser machen.

Das Maaß ist der ausschlaggebende Punkt.

Wenn all das unser Leben bestimmt, wie viele einem folgen, wann und wie viel man postet und Content schaffen muss– und diese ungesunde Einstellung hat es durchaus bei mir gegeben – ist es nicht gesund und nimmt die Freude an dem, was eigentlich eine Leidenschaft ist.

Es tut auch mal gut Abstand zu nehmen, zu zocken, zu schwimmen und nicht auf den Messen herum zu tanzen und immer mit dem Blick, wo kann ich die besten Fotos machen.

Die letzten Jahre ohne Kamera auf Conventions unterwegs zu sein hat viel mehr Spaß gemacht als immer wieder in Aktion zu sein und nach Personen, Orten und Motiven zu gucken.
Ich konnte viel mehr Eindrücke mitnehmen, mich entspannter unterhalten, war nicht immer auf dem Sprung und konnte Aussteller ansehen und besuchen. Ich habe viel mehr mitgenommen an Eindrücke, wenn ich nicht den Kopf bei Social Media hatte.

Dennoch ist es klar, dass Social Media Arbeit ist und Content kommt nicht von alleine. Du musst Zeit investieren, um einen Beitrag zu schreiben, ein Foto zu machen oder zu notieren, worüber du schreiben willst.
Doch niemand verlangt, dass du dich übernimmst. Dann schreibst du an einem Beitrag deine 3 Tage, wenn es zeitlich am besten geht und du dir damit weniger Stress machst.

Ehrgeiz hat zwei Seiten.

Er kann uns anspornen und das Beste aus uns heraus holen. Er kann uns aber auch kaputt machen, die Lust nehmen und Druck aufbauen, den wir nicht händeln können.
Und dann ist es wichtig Distanz davon zu gewinnen, tief durchzuatmen und einfach zu lesen.
Wir sind keine Maschinen, die zehn Sachen gleichzeitig machen können. Irgendwann raucht der Kopf und man weiß weder vor noch zurück.
Doch es gibt wichtigeres als einen einheitlichen Feed nach Farben, Muster und Schema.
Und es gibt genug Blogger und Influencer, die Bourn Out haben, weil der Erfolgsdruck und der Kampf um die Aufmerksamkeit zu viel wurde.



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